Was 1934 begann, wurde 1938 vollendet. Die Wiener Moderne musste emigrieren. Eine ganze Generation talentierter Architekten und aufgeschlossener Bauherren wurde vertrieben, deren Wohnungen, Häuser und Grundstücke enteignet. Hitler hasste Wien, und so hinterließ die Nazi-Zeit nur wenig gebaute Spuren. Als Mahnmale sind die sechs Flaktürme noch heute im Stadtbild sichtbar. Die Nachkriegszeit der Wiener Architektur war zunächst geprägt von einer paradoxen Kontinuität bei Architekten und in der Stadtverwaltung. Im Gegensatz dazu versuchte eine junge widerständige Gruppe von Architekten, mit Manifesten und Ausstellungen an die Leistungen der Vorkriegszeit und der Jahrhundertwende anzuknüpfen.
Die Avantgarde der wilden 60er Jahre
Für internationale Aufmerksamkeit sorgten in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts visionäre Entwürfe von Architekten und Künstlern, die als "Austrian Phenomenon" bezeichnet wurden. Walter Pichler, Hans Hollein und die Gruppen HausRuckerCo, Coop Himmelblau, Missing Link, etc. konzentrierten mangels konkreter Bauaufgaben ihre ganze Kreativität in Projekte und Installationen. All diese Träume der avantgardistischen Architekten Wiens konnten sich in den folgenden Jahren nur in kleinen Aufgaben, in Restaurants und Geschäften, realisieren. Zu Symbolen wurden Hans Holleins Kerzengeschäft "Retti" und die vielen, bis heute erfolgreichen Lokale von Hermann Czech - Kleines Café, Wunderbar, Salzamt, etc. kleine Manifeste der Architektur mit jeweils großer intellektueller Botschaft.
Dunkle Geschäfte und Widerstand
Ein dunkles Jahrzehnt der Architektur in Wien waren die 1970er.
Ungefähr ab Mitte der achtziger Jahre begann eine verstärkte positive Einflussnahme der Politik auf die Wiener Architektur. Symbol dafür ist das sogenannte "Haas-Haus" von Hans Hollein neben dem Stephansdom. Ein Abriss des Hauses aus den fünfziger Jahren war wirtschaftlich notwendig, und Hans Holleins Entwurf für den Neubau zunächst heftig umkämpft und letztlich doch eher zwiespältig aufgenommen. Dennoch war dies eine wichtige Tat, die eine erhöhte Aufmerksamkeit für zeitgenössische Architektur in Wien schuf. Auch ein relativ kleiner Dachausbau in der Inneren Stadt sorgte für Aufregung. Coop Himmelb(l)au realisierten für eine Anwaltskanzlei eine dekonstruktivistische Skulptur, die ein klares Bekenntnis zur Zeitgenossenschaft gegenüber dem inzwischen allmächtigen Konservierungsgedanken historischer Substanz manifestierte.
Der Erfolg der neuen Wiener Architektur
In den neunziger Jahren setzte eine große Wende in der Stadtgeschichte des 20. Jahrhunderts ein. Der erfolgte Fall des "Eisernen Vorhangs", die Ostöffnung, bot der bis dahin ständig schrumpfenden Stadt Wien erstmals seit den zwanziger Jahren Grund zu neuen Hoffnungen des Wachstums. Stadtentwicklung und Stadterweiterung war angesagt. Neue Wohngebiete an der Peripherie wurden entwickelt. Ein einzigartiges "Schulbauprogramm" wurde beschlossen, das viele engagierte Architekten zu originären Lösungen animierte. Und auch der viel gerühmte soziale Wohnbau in Wien konnte in Verbindung mit engagierten Bauträgern neue Modelle entwickeln, die anhaltend weltweit bewundert werden.
Dazu gehören auch Einzelbeispiele wie die "Sargfabrik", ein alternatives Wohnmodell. Und umstrittene, wie das Gasometer-Projekt: Die vier kreisrunden und heute nutzlosen Gas-Tanks in Simmering standen unter Denkmalschutz, es fand sich keine vernünftige Nutzung, um die historistischen Fassaden zu erhalten. Also verständigten sich einige Bauträger mit der Stadt Wien und entwickelten ein Projekt, das eine gemischte städtische Nutzung vorsah. Heute sind die Gasometer - mit Wohnungen nach Entwürfen der Architekten Jean Nouvel, Coop Himmelb(l)au, Manfred Wehdorn und Wilhelm Holzbauer, einer Shopping-Mall, einer Rock-Halle und dem Archiv der Stadt Wien - ein urbanes Zentrum, das die umgebenden Flächen einer alten Industriebrache zu neuem Leben erweckt hat.
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