Wien
Geschichten
Kaisergruft, Detail © WienTourismus/Willfried Gredler-Oxenbauer
Der Tod in Wien
Wien und der Tod: Das ist eine ewige Liebe. Ein besonderes Verhältnis zwischen sentimental-melancholischer Koketterie und nahezu inniger Intimität. Beim Heurigen wird vom Wein gesungen, der sein wird, wenn man nimmer sein wird. Eine "schöne Leich" , wie man ein repräsentatives Begräbnis mit großer Trauergemeinde nennt, gibt immer noch Anlass zum Schwärmen ...

Autorin: Hanne Egghardt, Wien


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Wien und der Tod:

Und Anfang November, zu Allerheiligen und Allerseelen, wenn der Toten gedacht wird, strömen Tausende hinaus zum Zentralfriedhof in Simmering, Europas größter Begräbnisstätte. Aber das ist eigentlich nur logisch: Denn die Wiener lieben das Leben. Also lieben sie auch den Tod, die andere Seite des Lebens.

Dass die Wiener im Vergleich zu anderen Großstädtern eine besonders enge Beziehung zum Tod haben, ist zwar ein Klischee – aber ausnahmsweise eines, das stimmt: Die Todessehnsucht hat in Wien Heimatrecht. Beim Heurigen kippt die sprichwörtliche Wiener Gemütlichkeit gern in eine abgrundtiefe Tod-Traurigkeit, der Zentralfriedhof ist eines der größten Naherholungsgebiete der Stadt. Die sterblichen Überreste der Angehörigen des Kaiserhauses ruhen in Grüften, in denen ein eleganter Hauch von Ewigkeit weht. Und ganze Museen mit Kuriositäten und Skurrilitäten rund um den Tod, der laut einer bekannten Heurigenmelodie sogar selbst ein Wiener ist, verbreiten wonnige Schauer.

Es kann kein Zufall sein, dass Sigmund Freud gerade in Wien den Todestrieb entdeckte und dass der in der Welt der Psychologie als Mr. Suicide bekannte Erwin Ringel hier 1948 Europas erstes Kriseninterventionszentrum gründete. Und in Wien schufen Johann Strauß Vater und Sohn, selbst geschüttelt von Ängsten vor Reise, Alter, Krankheit und Tod, eine Musik, die für immer unsterblich ist: den Wiener Walzer, unter dessen glückseliger Oberfläche ein bisschen Wehmut und Schmerz mitschwingen.

Zentralfriedhof & Schöne Leich‘

Der Zentralfriedhof, vom Künstler André Heller als „Aphrodisiakum für Nekrophile“ bezeichnet, ist mit einer Fläche von 2,4 km2 und mehr als 300.000 Gräbern, in denen 3 Millionen Menschen bestattet sind, der größte Friedhof Europas. Er ist aber auch ein zutiefst wienerischer Ort: Stadtbewohner nützen ihn gerne für einen Familienausflug oder einen Spaziergang, laben sich vor den Friedhofstoren an Maroni- (Kastanien) und Würstelständen und kommen mit ein wenig Glück gratis in den Genuss höchster Kunst. Wenn sich nämlich Philharmoniker und Chorsänger aus der Staatsoper am Rand offener Gräber mit schmalzigen „Averln“ (Gounods „Ave Maria“) oder gestrichenen Trauermärschen etwas dazu verdienen. 

Für die Ewigkeit ist den Wienern nichts zu teuer. Mit der „schönen Leich“, einer Beisetzung in großem Stil mit prunkvollem Kondukt, professionellen Grabrednern und opulentem Leichenschmaus, erweisen sie ihren Nächsten die letzte Reverenz. Immerhin die Hälfte aller Hinterbliebenen entscheidet sich für das kostspielige „Begräbnis erster Klasse“.

Sparsarg & Totengräber-Accessoires

Der Aufwand der Wiener um die Bestattung ließ ökonomisch denkende Regenten auf seltsame Ideen verfallen. Kaiser Joseph II. verordnete 1785 den „Sparsarg“, einen wieder verwendbaren Sarg mit Klappe auf der Unterseite, durch die der Tote ins Grab befördert werden konnte. Aber so genial die Erfindung auch war, die Wiener lehnten sie strikt ab, machten ihrer Entrüstung in Tumulten und Protestmärschen Luft und zwangen den Herrscher, seine Verordnung wieder zurückzunehmen. 

Einer dieser Sparsärge ist im Wiener Bestattungsmuseum zu bewundern: Unter den 600 Exponaten rund um den Totenkult finden sich auch Trauer-Livréen, Schärpen und Accessoires der Totengräber, Urnen-, Sarg- und Leichenwagenmodelle sowie Vorrichtungen wie die Rettungsglocke, mit der wieder erwachte Scheintote auf sich aufmerksam machen konnten. Diese Erfindung wurde später zum Rettungswecker, einem Holzkasten mit kräftigem Läutwerk, weiterentwickelt.

Die Angst, lebend begraben zu werden, war nicht unbegründet. Mediziner schätzten Ende des 19. Jahrhunderts den Anteil an Scheintoten auf 0,5 bis 2 Prozent. Um diesem Schicksal zu entgehen, verfügten viele Menschen, dass ihnen ein Herzstich beigebracht oder die Adern geöffnet werden sollten– worauf manche tatsächlich erst dadurch den Tod fanden.

Kaiserliche Friedhofsreformen

Über viele Jahrhunderte wollten die Wiener ihre Toten möglichst nahe bei sich haben. So lagen die größten Friedhöfe im Stadtzentrum, um die Stephanskirche, die Ruprechtskirche und beim Schottenstift. Zumindest hier setzte sich der Reformkaiser Joseph II. durch. Er verbot die Bestattung in den Kirchen der Innenstadt und deren Grüften, die besonders zu Epidemiezeiten überfüllt waren, und ließ Friedhöfe in den damaligen Vororten Währing, Matzleinsdorf und auf der Schmelz anlegen. Freilich nicht ahnend, dass die Stadt wieder wachsen würde: Es dauerte keine hundert Jahre, bis die Gottesäcker wieder von Häusern umschlossen waren.

1874 wurde der Zentralfriedhof, Wiens riesige Totenstadt in Simmering, gegründet. Mit einem katholischen, einem evangelischen und einem israelitischen Teil. Zwischen 1908 und 1910 erbaute Max Hegele die wuchtige Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche, ein Pendant zu Otto Wagners Jugendstil-Kirche am Steinhof. Architektonisch interessant sind auch das ebenfalls von Hegele errichtete Hauptportal und das 1922/23 gegenüber, auf dem Gelände des verfallenen Renaissanceschlosses Neugebäude entworfene Krematorium von Clemens Holzmeister.



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